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    williwu

    Die Sache mit dem Cover wird ja auch schon an anderer Stelle diskutiert, mit dem Hauptaugenmerk auf Selfpublishing.
    Klar, niemand kann so gut das bester Cover bestimmen (selbst gestalten ist noch mal was anderes) wie ich selbst. Aber, wenn ich denn schon einen guten, arrivierten Verlag gefunden habe, dann nehmen mir die das ab, sich um das Cover kümmern zu müssen. Sie beschäftigen und bezahlen professionelle Grafiker, und es sind Profis, die das in Auftrag geben, was zu dem Buch wohl passt. Kleinere semiprofessionelle Verlage nutzen evtl. Poolbilder und legen nicht so viel Wert darauf, aber wirklich diskutieren werden sie auch nicht mit sich lassen, denn sie müssen sicherstellen, dass mit dem Cover keine Rechter Dritter verletzt werden, und das können sie nicht auf den Autor, der selbst dafür verantwortlich sein will, delegieren.
    Am Ende entscheide ich, ob ich Autor sein will und meine Geschichte der Star des Ganzen ist oder ob ich - dann aber ganz allein für alles verantwortlich - ein Gesamtpaket abliefern will.
    Ich sammle übrigens - mit vielen anderen zusammen - alte Buchcover. Die wenigsten Bücher davon habe ich gelesen, und auch die anderen Mitglieder der Community interessiert der Inhalt nicht. Vielleicht ist es ja professionell, davon auszugehen, dass ein zu gutes Cover das Lesen des Buches verhindert. Ob ich das als Autor will?

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    williwu

    Das Problem ist wahrscheinlich, dass wir das nie so ganz erfahren werden. Sicher ist, dass es irgendwelche Trigger geben muss, die aus Menschen gefühllose Monster werden lassen. Denn wenn wir von früher reden, welches “früher” meinen wir dann? Die Zeit des Nationalsozialismus mit allen Erscheinungsformen, die Schlacht der US-Armee gegen die Cheyenne, deren ekelerregende Auswüchse in “Bury my Heart at Wounded Knee” von Dee Brown beschrieben sind, die Folterungen bei den Hexenprozesse, die öffentlichen Menschenopfer der Azteken?
    Ich weiß nicht, ob das (nur) eine Frage von Abstumpfung oder Gewöhnung ist. Vielmehr denke ich, dass so ein Trigger vor allem das Gefühl ist, im Recht zu sein, die Erlaubnis zu solchen Taten zu haben (auch das Gaffen sehe ich als Tat, unjuristisch gesprochen). Einfacher ausgedrückt: Es fehlt ein Kompass, der jedem oder wenigstens den meisten sagt, was man tun darf und was nicht, was man einfach nicht tut.
    Irgendwie scheinen wir irgendwann die in Deutschland nach dem zweiten Weltkrieg üblichen gesellschaftlichen Grenzziehungen verloren zu haben (und nicht nur wir hier), die es vielleicht nur deswegen gab, weil sie das Miteinander geregelt haben. Heute darf alles hinterfragt werden, genauer, heute darf sich jeder jede Frage selbst beantworten. Und welche Antwort das im Einzelfall ist, das hängt von Erziehung oder Nichterziehung, von Prägung vielleicht und möglicherweise von der genetischen Disposition ab.
    Aber wie schon gesagt, dass sind nur so meine Gedanken, wahrscheinlich können Psycho- und Soziologen da eine kompetentere Antwort geben.
    Ich bin überzeugt, dass es eine Wechselwirkung zwischen Verhalten und Rezeption einer Situation gibt. Am Ende ist es egal, ob ich mich richtig verhalte, weil “man das halt so macht” und damit wenigstens empathisch erscheine, oder ob mein Verhalten tatsächlicher Empathie entspringt. Von beiden Kategorien hat es wahrscheinlich immer einen Bodensatz gegeben. Wenn das Verhalten aber freigegeben ist, dann mag es sein, dass die Empathen nicht genug an der Zahl sind.

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  • W
    williwu

    In der Tat. Ich habe leider schon mal das eine oder andere in meinem Leben gesehen, worauf ich gut und gerne hätte verzichten wollen. Nicht, um mein Nervenkostüm zu schonen, sondern, weil es nicht hätte passieren sollen.
    Abgesehen von erster Hilfe oder ggf. der Ableistung einer Zeugenpflicht ist es ein gesunder Reflex, so etwas nicht mitbekommen zu wollen und sich zu entfernen. Wer nicht (mehr) helfen kann, sollte das auch tun. Nun hat es schon immer eine gewisse morbide Neugier bei den Menschen gegeben. Ein brennendes Haus z. B. ist ja auch irgendwie faszinierend - nur nicht mehr, wenn man mal seine Familie suchen musste, weil das Nachbarhaus gebrannt hat und sie unter den Evakuierten nicht zu finden ist.
    Aber jenseits einer zumindest menschlichen Neugierde ist das voyeuristische Gaffen, bei dem die Details nicht grausam genug betrachtet und dokumentiert werden können und diese Gier nach dem Unglück anderer zu Aggressivität - sogar gegenüber Rettungskräften - führt, eine gesellschaftliche Degeneration.
    Es gibt einen Grund, warum man seinen Kindern lange Zeit brutale und grausame Darstellungen aller Art vorenthalten sollte. Nur so verhindert man, dass am Ende solche Menschen herauskommen. Und dadurch, dass man ihnen auch hierin ein gutes Vorbild ist.
    Die Ungeduld, wenn wegen eines Vorfalles ein Stau entsteht, kenne ich auch. Sowie das Ekelgefühl, das aufsteigt, wenn dann Autofahrer aussteigen, um den potenziellen Selbstmörder auf einer Brücke mit einem lauten “Spring doch endlich!” anzufeuern …

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    williwu

    @czil sagte in Erotik - notwendig oder übel?:

    Was mich mehr fasziniert ist, dass die Zeiten sich wieder einfach zu mehr Prüderie hin drehen.

    Nun, ich glaube nicht, dass es hier nicht um Prüderie geht. Wenn ich die Definition zB bei Wikipedia lese, dann ist das etwas anderes. Deshalb lehne ich den Begriff für mich und meine Einstellung ab. Denn es geht ja gar nicht um eine Ablehnung von Sex oder gar Erotik.
    Zum Beispiel hat der Jugendbuchautor Andreas Schlüter in seinen Büchern “Liebe, na und wie” und “Liebe, immer wieder” auch ziemlich deutliche Beschreibungen (da geht es um das Thema, wie man das “Erste Mal” überhaupt durchführt und was so Teenager in ihrem Jugendzimmer machen, wenn die Eltern nicht dabei sind und sie auch in Ruhe lassen). Ich fand es in dem Kontext ganz natürlich und unverzichtbar. Ja, meine Kinder durften es nicht nur lesen, ich fand es sogar ziemlich hilfreich. Ich denke nicht, dass jemand, der prüde ist, das so gesehen hätte.
    Aber wir reden hier darüber, wie solche Szenen zB in einem SF oder Krimi landen und was sie dort bewirken können.
    Es gab mal eine Sendung über Autorinnen und Autoren, die ihre Bücher bei Amazon veröffentlichen und da sogar einigermaßen erfolgreich sind. Von einer dieser Autorinnen schaute ich mir dann die Homepage an und las das dort voller Stolz präsentierte erste Kapitel: Mal abgesehen davon, dass es Pornografie pur war und die Wonnen eines schwachen Weibes beschreibt, das gerade vergewaltigt wird (es war eine Autorin und die Perspektive der Frau, die in der Szene dennoch Genuss gewonnen hat), waren diese Details extrem langweilig. Offenbar ging es dann in der Geschichte mit einer Flucht weiter, die ständig für weitere Szenen dieser Art unterbrochen wurde. Die meisten Szenen dieser Art, die ich gelesen habe, waren langweilig oder haben mich zum Grinsen bis lautem Lachen gereizt. Und sie haben absolut nichts für die Geschichte getan, so denn überhaupt eine dahinter stand und das Thema nicht sowieso Selbstzweck war.
    Nein, nicht Prüderie lässt mich in den meisten Fällen solche Szenen ablehnen, vielleicht genau das Schamgefühl, das mich auch daran hindert, bei anderen Leuten ins Schlafzimmer daneben zu sitzen und genau hinzuschauen, die Merkmale der primären Sexualorgane zu studieren und die genaue Technik zu analysieren. Es kann ja sein, dass heutzutage Themen wie Liebe und Leidenschaft nur vermittelbar sind, auch gefühlsmäßig, wenn man den Akt in allen Einzelheiten beschreibt. Für mich ist das Technokratisierung.

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    williwu

    Klar gibt es Genres oder spezielle Themen, bei denen das auch mal nötig sein kann. Dann ist es ja auch Bestandteil der Handlung. Wobei ich denke, dass auch das “sich fallenlassen” mehr im Kopf oder meinetwegen etwas ominös “gefühlsmäßig” stattfindet, als in einer akribischen Beschreibung der Penetration.

    @cwoehli sagte in Erotik - notwendig oder übel?:

    @williwu Es gibt ja auch Softporno-Filme. Da wird ja nur nackte Haut gezeigt.

    Ich will da nicht zum Fachsimpler werden: Bisher hatte ich für mich so eine Reihenfolge im Kopf von Softporno à la David Hamilton (nicht explizit) über den “normalen” Porno (explizit) zum Hardcore-Porno (mit Gewalt und extrem detailliert), aber das regelt wohl jeder für sich selbst, wie sie oder er das einteilt. Unter meinen Begriff von Erotik fällt da höchstens die sanfte Variante. Aber ich bin wahrlich kein Fachmann.

    @literataura sagte in Erotik - notwendig oder übel?:

    Ich finde ja, wenn schon solch erotische Szenen vorkommen, sollte man sie überspringen können, ohne etwas wesentliches zu verpassen.

    Und genau dann muss man sich bereits als Autor fragen, ob diese Szenen nötig oder Selbstzweck sind, ob ich da vielleicht eine breitere Leserschaft bedienen will; die, die solche Szenen unfallfrei überspringen können und die, die sie lesen und, ja, keine Ahnung, danach das Buch erst mal beiseite legen und ihre Aufwallungen beruhigen.
    Ich gehe davon aus, dass eine solche Szene, wenn sie da steht, einen Zweck erfüllt und nicht weggelassen bzw. beim Lesen nicht übersprungen werden kann. Wenn das nicht der Fall ist, dann fühle ich mich wie gewaltsam in eine Peepshow hineingezogen, während ich nur ein Bier trinken und mich mit Freunden unterhalten will.

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    williwu

    @cwoehli Ich denke, das sehen wir gleich, auch wenn ich den Unterschied zwischen Hardcoreporno und Porno nicht genau kenne.

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    williwu

    Zum Denken anregen, unbedingt. Das ist ja das, was Kurzgeschichten (also nicht kurze Geschichten, sondern die literarische Gattung) ausmacht. Prämisse, ja gerne, aber bitte nicht im Sinne einer Moral.
    Das ist ja das Schöne an Kurzgeschichten, dass sie den Leser nicht drängen oder einengen oder lenken. Mein Vorbild hierfür ist u. a. Hemingway, der einfach Bilder zeichnet, Situationen beschreibt und den Leser am Ende allein lässt. Mustergültig hierfür auch Bölls “Auch Kinder sind Zivilisten”. Sicher will der Autor etwas Bestimmtes ausdrücken. Aber es gibt keinen richtigen “Schluss” (im Sinne von “auf etwas schließen”). Möglich, dass der eine Leser beim Kauf aller Kuchen sagt “Schön doof”, der andere traurig wird ob der Vergänglichkeit der Freuden und der dritte wieder über die vergebene Chance zur Kontaktaufnahme mit der kleinen Russin zu einem ganz anderen Ergebnis kommt. Oder es ist von allem etwas oder etwas ganz anderes.
    Kurzgeschichten bieten ja keine Identifikationsfiguren, sie versetzen den Leser in eine Situation, in der er ganz er selbst bleibt.

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    williwu

    @nicola_ha sagte in Erotik - notwendig oder übel?:

    Die wichtigere Frage ist aber: was sind für den Leser/Autor explizite Sexszenen?

    Stimmt, das ist die Kernfrage. Ist vielleicht eine Frage des Alters, vielleicht aber auch der Fantasie. Muss ich wirklich lesen, wie ein Ding in die entsprechende Öffnung glipscht und wer wie und wie oft an irgendwelchen Nippeln knetet? Von anderen Sexpraktiken mal abgesehen. Wenn ich “sehe”, dass da zwei sich küssen, in Ekstase geraten und beginnen, sich auszuziehen, dann weiß ich, wie es weitergeht. Ich brauche keine detailliertere Darstellung.
    Das gilt für mich auch für Gewalt. Wenn jemand erschossen wird, dann habe ich eine ziemlich genaue Vorstellung, was geschieht. Ich muss nicht das Eindringen des Geschosses in den Schädel in Zeitlupe mit anatomischer Beschreibung und am besten noch Geräuschen haben. Beides ist für mich eine Art Voyeurismus, auf die ich verzichten kann.
    Das hat nichts mit Prüderie zu tun. Ich habe schon reichlich beide Varianten miterleben dürfen oder müssen (also noch keinen Kopfschuss live, zum Glück, aber anderes Unschönes). Das eine macht für mich schlicht den Unterschied zwischen Erotik und Porno, das andere zwischen Spannung, Action, Grusel oder Horror und Splatter.

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    williwu

    Ganz klares "Kommt drauf an!"
    Wenn es um explizite Beschreibungen geht, dann stimme ich dir zu. Erstens bin ich schon lange kein New Adult mehr, zweitens finde ich solche Beschreibungen unnötig, wenn man keine Pornographie schreibt und drittens empfinde ich sie als unästhetisch. Das hat nichts mit “prüde” zu tun, schließlich gehe ich ja nicht nur deshalb nicht nackt zur Arbeit, weil es ganz schön kalt ist.
    Ich interpretiere den Begriff “Erotik” für mich anders: Erotik ist das, was geschieht, bevor es zu dem kommt, was ich nicht lesen möchte. Und das finde ich wiederum spannend und auch von der Ästhetik ansprechend.
    Ich lese auch gerne SF, aber die Klassiker, da ist beides ziemlich ausgespart.
    Richtig heimisch bin ich im Krimigenre, und da gehört Erotik nach meiner Definition dazu dazu. Explizit würde ich aber nur werden, wenn es für die Handlung unbedingt nötig ist, und das ist fast nie der Fall.

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    williwu

    @czil sagte in Sie/Du bei amerikanischem Setting:

    @williwu

    Ach Mensch, haben die Amis es da leicht.

    Das stimmt so nun auch wieder nicht. Die können ganz schön pelzig werden wenn du das Sir weglässt.
    Da ist es für uns halt nicht einfach das Sie auszulesen, aber dafür gibt’s andere Codes. Übersetzt ist das Spiel aber deutlich Sie/Du.

    Da hast du Recht. Mein Eindruck ist, dass sie - vielleicht sogar wegen des fehlenden “Sie”? - viel besser darin sind, soziale Situationen zu erfassen und zu deuten. Der oder die Verlobte spricht zB seine Schwiegereltern in spe auch meist mit Vornamen an, aber wenn es etwas förmlich wird, dann benutzt er “Sir” oder “Madam”, und das würde ich dann im Deutschen mit “Sie” übersetzen, nach der Hochzeit dann mit “Du”, obwohl auch da noch die Respektsanrede möglich ist. Ist ja auch von Stadt zu Land, von Westküste zu Ostküste usw. unterschiedlich.

    @taikatalvi sagte in Sie/Du bei amerikanischem Setting:

    Ich kenne mich nicht so gut damit aus, wie schnell man sich in den USA beim Vornamen nennt.

    Das ist ja das Problem: Das Nennen des Nachnamens hat wenig mit dem Du/Sie-Problem zu tun. Lehrer, Professoren, Polizisten redet man mit Nachnamen an, immer, wenn förmliche Distanz nötig ist. Den Chef kann man, wenn es üblich ist oder er es anbietet, auch mit dem Vornamen anreden, aber die Distanz ist trotzdem da, das ist halt ein Chef. Und die bereits erwähnte Bankangestellte, da ist der Vorname eher Bestandteil der amerikanischen Serviceorientierung. Da kann man schlicht kaum Rückschlüsse ziehen. Manche Fremden, die man in Deutschland objektiv siezen würde, redet man halt trotzdem gleich mit Vornamen an. Die Situation muss immer interpretiert werden, und das ist für Deutsche schwer, weil die ja die Sicherheit durch das Prinzip “Nachname und Sie = förmlich, Vorname und Du = vertraut” haben.

    So gesehen muss ich mich wohl korrigieren: Die Amis haben es schwerer. Aber sie trainieren es von klein auf.

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    williwu

    Es ist ja noch problematischer: In den USA ist es viel häufiger der Fall, auch Unbekannte beim Vornamen anzureden. Eine Bankangestellte zB trägt manchmal nur ihren Vornamen auf dem Namensschild, oder auf die Frage: “Wie heißen Sie?” bekommt man nur den Vornamen genannt. Das ergibt dann Übersetzungen, die für deutsche Konventionen merkwürdig klingen. “Christy, können Sie mir mal helfen?” Wenn jemand explizit jemand anderen beim Nachnamen anredet, dann gilt das oft als Distanzierung, bei Angesprochenen gehen Alarmglocken los.
    Andererseits ist es lebensfremd zu unterstellen, dass du deine Bankberaterin duzt.
    Da kommt es tatsächlich allein auf den Kontext an. Du triffst diese nette Christy in der Bank und siezt sie selbstverständlich. Rein zufällig trefft ihr euch abends in einer Bar, du gibst einen Drink aus und ihr macht Smalltalk (auch so etwas, was Amerikaner lieben und viele Deutsche gar nicht können): Immer noch “Sie”. Wenn der Abend gut verläuft und irgendwann kommt es zur Zigarette danach (ich weiß, ich bin hier der einzige Raucher, aber ich fand das eine nette Umschreibung für diesen Entwicklungsschritt), dann verwendet man selbstverständlich das “Du”.
    Am Ende schreibst du ja für das deutsche Publikum. Mein Tipp: Berücksichtige die Situation, den Bekanntheitsgrad, den Beziehungstyp (professionell oder privat), berücksichtige die Entwicklung und schreibe dann “du”, wenn man im Deutschen das “Du” anbieten würde, ohne Bohei darum zu machen. Kurz: Verwende “Sie”, wenn man in Deutschland siezt, verwende “Du”, wenn man hierzulande duzt. Sei dir aber bewusst, dass das eine Signalwirkung auf deutsche Leser hat, so ein Aha-Effekt: “Sieh mal an, so weit sind die jetzt gekommen.” Das musst du aber nicht ausdrücklich erwähnen, lass einfach den Wechsel in der Anrede auf deine Leser wirken. Die werden das schon richtig verstehen.
    Ich würde es sogar in einem deutschen Setting manchmal so machen. Du lernst jemanden kenne, die Beziehung wird enger, und du startest einen Versuchsballon, indem du einfach duzt. Wenn ersie darauf eingeht, dann ist das ja so eine Art verbale nonverbale Kommunikation.
    Natürlich, treffen sie sich nicht klassisch in einer Bar, sondern in einer Disco, ach, heute sagt man ja in einem Club, dann duzen sie sich von Anfang an. Aber das birgt ein Gefahrenpotenzial: Am Nachmittag siezt du die Bankangestellte Christy, die du dann abends im Club selbstverständlich duzt, und am nächsten Tag in der Bank, ja, wieder siezt? Merkwürdig. Weiter duzt? Wirkt auch irgendwie komisch.
    Ach Mensch, haben die Amis es da leicht.

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    williwu

    @lichtecht Ja, das sollte auch kein Urteil darüber sein, wie man schreibt. Ich habe keine Erfahrungen mit Fantasy. Bei Kurzgeschichten schreib ich auch schon mal drauflos, da kann ich schließlich die ganze Geschichte bearbeiten, bis sie “rund” ist und, falls nötig, logische Zusammenhänge anpassen.
    Ich habe mich auf das Thema “Krimi” kapriziert, weil das nun mal mein Genre ist und weil ich eben darstellen wollte, dass das Thema “Am Plot bleiben” meiner Meinung nach eben auch vom Genre abhängig ist.

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    williwu

    @lichtecht sagte in Wie schafft ihr es, am Plot zu bleiben?:

    Haha, so sind sie, oder? Du kannst als Autor noch so gut planen, die Figuren haben manchmal ihren eigenen Kopf. Aber dass sie sich geweigert haben zu töten ist auch gut. Hat einer meiner Protagonisten auch gemacht.

    Na ja, so sind sie, wenn sie gleichzeitig erst werden. Wenn sie so handeln, wie sie bereits sind, dann sind sie zB Mörder, Rächer oder unkontrollierbare Berserker, die sich nicht weigern können, zu töten - weil das eben ihr Charakter ist. Möglicherweise tut es ihnen hinterher leid, wenn das ihrem Charakter entspricht. Wenn sie sich weigern zu sterben, dann projiziert man womöglich etwas zu viel in die Charaktere hinein. Ein Mensch kann sich nicht weigern zB überfahren oder ermordet zu werden oder an Krebs zu sterben. Es ist der Autor, der sich in seinen Charakter derart verliebt hat, dass er sich weigert, ihn sterben zu lassen. Wenn ich mich von meinem Charakter (also von meinem eigenen Bild, das ich mir sukzessive von ihm mache) leiten lasse, dann ist er kein Mensch, sondern ein Übermensch.
    Wenn man sich das klar macht, dann hilft das erstens dabei, festzulegen, was für eine Art Schreiber man ist. Und es hilft auch dabei, die eigenen Genres festzulegen. Denn - meiner Meinung nach - schließen sich zB ein “richtiger” Krimi und ein “die Geschichte und die Charaktere entwickeln sich beim Schreiben”-Schreiber aus.
    Meine Charaktere können sich beim Schreiben nicht weigern, das eine oder andere zu tun, denn sie haben es bereits getan, bevor das Schreiben überhaupt beginnt.

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Es scheint als hättest du die Verbindung zu Schreibnacht verloren, bitte warte während wir versuchen sie wieder aufzubauen.