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    williwu

    @felicea sagte in Mädchen oder junge Frau schreiben?:

    Wer ‘Mädchen’ sagt, verniedlich, schwächt und entzieht dem Gegenüber Respekt, Wirkmacht und Autorität.
    Wer ‘junge Frau’ sagt, gibt Respekt und gesteht Wirkmacht und Autorität zu.

    Das ist mir zu einfach. Je nach verwendetem Wort habe ich das so oder so zu verstehen? Was ist mit dem zeitlichen oder kulturellen Hintergrund? Was ist mit einem möglichen Altersunterschied?
    Ist es undenkbar, dass man eine Frau als “Mädchen” bezeichnet, und das wäre ausschließlich zärtlich gemeint?
    Im Deutschen ist das Wort “Fräulein” im Prinzip ausgemerzt, während Franzosen weiterhin fröhlich ihr “Mademoiselle”, Engländer das “Miss” und Dänen das Wort “frøken” verwenden. Sind wir Deutschen die einzigen, die Respekt vor Frauen haben? Meine erste Grundschullehrerin, Fräulein Schulz", hätte es als absolut respektlos empfunden, wenn sie mit “Frau” angeredet worden wäre.
    Meine Kollegin nennt mich immer “Junge”. Nett, denn sie ist zwanzig Jahre jünger als ich. Wäre doch albern, wenn ich daraufhin angefressen reagierte, weil ich darauf bestehen müsste, ein Mann zu sein. Das wissen wir auch so. Wenn ich meinen Freunden erzählte, ich hätte ein Mädchen kennen gelernt, dann verstünden sie es genauso, wie ich es meinte: Einfach, dass ich verliebt wäre und dass mein “Mädchen” auch bereits eine gestandene Frau ist. Wenn ich das in einem Kontext sagte, in dem hinter mir ein Poster aus dem Playboy an der Wand pappte, wäre das anders, weil ich ein anderer wäre.
    Wenn wir die Sprache so auf Formeln reduzieren, dann nehmen wir uns sprachliche Vielfalt und Schönheit.

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    williwu

    @aykay Absagen schneller, das könnte ja auch darauf hindeuten, dass längere Wartezeiten zumindest Interesse des Verlages bedeuten. Oder man kann sich die Wartezeit so wenigstens schönreden…
    Wenn der Lektor nach den ersten 10 Sätzen das Ding auf den Absagestapel schmeißt und irgendwelche Praktikanten dann am Ende des Tages den Absageserienbrief anwerfen, dann kann das eben viel schneller gehen, als wenn man bei einem Manuskript schon mal die Denkmaschine anwirft. Klingt zumindest nicht unlogisch.

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    williwu

    @aykay Da ich plotte und die Geschichte vor dem eigentlichen Schreiben feststeht, schreibe ich sogar kapitelweise, ich mache sogar aus jedem Kapitel ein eigenes Textverarbeitungs-Dokument. Mehr noch, ich weiß, welche Szenen ungefähr in dem Kapitel auftauchen, dafür gibt es einen Plan. Perspektivwechsel kommen, wenn überhaupt, nur in einem neuen Kapitel vor. Da für mich der kreative Teil schon lange vor dem eigentlichen Schreiben beginnt, hat sich das als die beste Arbeitsweise herausgestellt. Die Geschichte ist ja im Prinzip fertig, bevor ich den Text schreibe.
    Im Text schreibe ich tatsächlich nur die Kapitelnummern, denn was da stattfindet steht ja im Plan. Die einzelnen Texte werden dann mit einem Zentraldokument zusammengefügt.
    Ich habe mal versucht, für eine Kinderbuchreihe mit mehreren wechselnden Autoren einen Vorschlag zu schreiben. Die Bücher waren genau strukturiert, jedes Buch hat eine ziemlich identische Seitenanzahl (max. ± 2 Seiten). Keine Ahnung, wie man sowas ohne Kapitelplan schreiben könnte. Bei dem Projekt bin ich sogar so vorgegangen, dass ich den Plan immer mehr um Text erweitert hatte und am Ende das Script feststand. Ich glaube mal irgendwo gelesen zu haben, dass Schreiber für Heftromanserien ebenso vorgehen, nur dass die bereits Vorgaben von den Serienautoren erhalten. Für die würde sich eine Trennung nur nach Absätzen nicht eignen, denn davon müssen die ja sehr viele setzen, weil die zwei Spalten des Heftes eben viele Absätze erfordern.
    Dass sich die Geschichte dann beim Schreiben noch ändern kann, etwa, wenn die Charaktere ein Eigenleben entwickeln, ist wieder eine andere Geschichte, aber so verliere ich nie den roten Faden.

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    williwu

    Ganz klassisch und altmodisch: analoges Notizbuch und Bleistift. Immer dabei, muss nicht aufgeladen werden, geht auch mit Skizzen.

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    williwu

    Für mich kommt es immer darauf an. Bei einer Kurzgeschichte mit Hauptaugenmerk auf der Entwicklung des Protagonisten brauche ich natürlich nicht viel zu recherchieren, ich “erfinde” ein kleines Setting, meistens aus einem Umfeld, das so sein kann, wie ich es benötige. Eine Familie kann so und so sein, diese und jene Regeln haben, das muss ich nicht recherchieren. Wenn diese Familie zu den Zeugen Jehovas gehört, dann sieht das anders aus. Wenn ein Familienmitglied das Down-Syndrom hat, dann kann ich das Verhalten eines solchen Menschen nicht erst erfinden, um es dann mit der Realität abzugleichen.
    Wenn ich etwas Historisches schreibe, dann muss ich natürlich vorab recherchieren wie doll, nicht nur, um das Setting einigermaßen genau zu beschreiben, das finde ich fast sekundär wichtig. Aber die Menschen waren zu jeder Zeit anders, im Mittelalter fromm und konformistisch, in der Nazizeit haben die Dinge hingenommen, die heutzutage einfach unbeschreiblich sind, aber auch nur 50 oder 60 Jahre zurück war die Denke eine ganz andere als heute (nur mal so als Anregung für die Damen: Habt ihr noch Knicksen gelernt? Meine Klassenkameradinnen in der Schule schon). Um so mehr ich mir bewusst bin, dass jeder Leser die Geschichte mit seinem aktuellen Hintergrund antizipiert, um so mehr muss ich akkurat sein in der Charakterbeschreibung. Es ist natürlich nur gut, wenn man heute “schrecklich” sagt, wenn man über, keine Ahnung, die Hexenverbrennungen oder Konzentrationslager liest, aber wer garantiert mir, dass ich und meine Leser damals genau so darüber gedacht hätten, wie wir alle es hoffentlich heute tun?
    Und wenn dann in einem historischen Film über eine Hebamme, handelnd im 16. Jahrhundert, jemand “okay” sagt, dann ist für den Faux-Pas nicht mal Recherche nötig, aber für viele andere nicht so offensichtliche Dinge dann eben doch.
    Ich schreibe gerade etwas, das in den 50ern handelt. Da musste ich dann berücksichtigen, dass damals der Schuljahreswechsel zu Ostern stattfand, auf höheren Schulen Mädchen und Jungen üblicherweise nicht zusammen unterrichtet wurden, wie das mit dem privaten Telefon funktionierte. Alles das musste ich vorher wissen, weil es in die Handlung einfließt. Aber ich musste es vorher wissen ohne zu wissen, dass ich es wissen muss.
    Also macht es für mich Sinn, zu den Themenbereichen viel und ergebnisoffen zu recherchieren. Oder ich muss, wenn ich mit dem Recherchieren erst anfange, nachdem ich schon darüber geschrieben habe, meine ganze Geschichte und ggf. den Plot ändern.

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    williwu

    Ich finde die Unterscheidung Roman und Novelle schwierig. Es allein vom Umfang abhängig zu machen, greift meines Erachtens viel zu kurz. Es gibt ja gerade im Jugendbuchbereich sehr kurze Romane, um den heutigen Lesegewohnheiten (oder soll ich böse sein und “-fähigkeiten” sagen?) entgegen zu kommen. Eine Kurzgeschichte ist ja auch nicht nur deshalb eine Kurzgeschichte, weil sie kurz ist. Am Problematischsten ist für mich die Einordnung einer Geschichte als Erzählung. Begrifflich trifft das doch auf alles zu, oder?
    Um Novelle und Roman zu unterscheiden, muss man von beiden Literaturformen einige gelesen haben. Als Schleswig-Holsteiner habe ich natürlich viel von Theodor Storm gelesen. Ich denke, die meisten von uns kennen die Judenbuche (und wenn nicht, dann nachholen).
    Ich würde zur Unterscheidung vor allem drei Merkmale heranziehen:

    1. Erzählstil: Der Roman ist viel szenischer und dialogfreudiger, die Novelle folgt eine narrativen Erzählstil. Auf den Punkt gebracht würde ich sagen: In einem Roman wird ständig beschrieben, was die Leute tun, in der Novelle, wie und wo und wer sie sind und was ihnen geschieht und warum das. Im Roman gibt es eher persönliche Erzählperspektiven, in der Novelle eher auktoriale bis hin zum allwissenden Erzähler.

    2. Zeiträume: Romane können sehr dick sein, mehrere hundert Seiten sind oft üblich (je weniger die Leute lesen, desto mehr muten die Autoren ihren verbliebenen Lesern zu). Dennoch beschreiben sie punktuelle Ereignisse, der Zeitraum der Handlung der einzelnen Erzählstränge kann im Vergleich zu einer Lebensdauer ziemlich kurz sein, oft ist es nur einer. Unterschiedliche Zeiträume werden durch kurze Sprünge überbrückt.
      In Novellen gibt es einen Erzählstrang, der stetig über einen langen Zeitraum geht. Lediglich entwicklungsrelevante Ereignisse werden ausführlicher beschrieben. Manchmal handelt es sich um Erzählungen, die bei der Geburt des Protagonisten beginnen und erst mit seine Tod enden.
      Werden erzählerische Lücken im Roman eher durch Rückblenden oder in Dialogen gestopft, ist der Verlauf einer Novell eher streng chronologisch.

    3. Handlung, Thema: Der Roman kann vom Kleinen auf das Große schließen lassen, durch seine Beschreibungen Kontext, Epochen, Lebenssituationen, Konflikte darstellen. Die Szenen sind zwangsläufig durch die Umstände bestimmt oder auch begrenzt.
      Die Novelle beschreibt ein Ereignis, das einem akzeptierten Kontext heraussticht. Alle Welt akzeptiert an der Küste, dass es durch Gott gelenktes Schicksal ist, wenn der Deich bricht, nur nicht Hauke Haien. Und obwohl er Recht hat, scheitert er (geschieht häufig in der Novelle, der Protagonist scheitert oder verändert zumindest nichts). In “Aquis Submersus” kann die Liebe zwischen einem aus kleinen Verhältnissen stammenden Malers und der Tochter eines Landjunkers nicht erfüllt werden und endet dramatisch. “Pole Poppenspäler” erlebt als Kind einer erste, zarte Liebe und glückliche Tage mit dem Puppentheater, aber naturgemäß müssen die weiterziehen und er bleibt in seinem vorbestimmten(?) Leben.

    Sicher gibt es wissenschaftliche Aufsätze, die das Thema besser und richtiger behandeln als meine Beobachtungen, aber ich glaube zumindest, der Versuch, etwas als Novelle oder Roman nur anhand der Menge der Anschläge einzustufen und gar aus einer Novelle einen Roman zu machen, indem man etwas dazu schreibt, muss schiefgehen.
    Es sind eben unterschiedliche Literaturformen. Ich denke, man sollte sich darüber, ob etwas Novelle oder Roman werden soll, vor dem Beginn des Schreibens klar sein. Ich glaube auch, die Novelle ist die weit schwierigere Form mit höherem Potenzial zu scheitern.
    Edit: Ich habe noch mal nachgeschaut: Erzählung und Roman unterscheiden sich durch Umfang und Komplexität. Wenn man also eine mengenmäßige Unterscheidung treffen möchte, dann eben diese. Man könnte sagen, die gekürzten Readers-Digest-Zusammenfassungen von Romanen sind Erzählungen. Erzählung und Novelle unterscheiden sich in dem künstlerischen Anspruch, der an die Novelle gestellt wird. Novelle ist eben eine ganz eigene Form, die nicht zufällig entsteht, weil einem für einen dickeren Roman der Stoff fehlt.

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    williwu

    @talismea Moin, ja, ich schreibe noch gelegentlich Kindergeschichten, weil ich aus der Zeit so viele alte Projekte übrig habe, die einfach zu schade sind, um unvollendet liegen zu bleiben. Keine Ahnung, ob da nicht doch mal ein Buch daraus wird.
    Ich bleibe allerdings in meinen Genres: Kinderliteratur ist meiner Meinung nach kein eigenes Genre, sondern lediglich eine Anpassung der Zielleserschaft, es bleiben aber Krimis, usw. Ich halte nichts von süßen, klebrigen Kindergeschichten, die lediglich die kindliche Verklärung der Erwachsenensicht widerspiegeln. Ganz schrecklich ist eine Kindergeschichte, die mit “Der kleine Leon…” oder so beginnt: Kinder sind immer nur aus Erwachsenensicht klein. “Meine Kinder” werden also schon mal von Außerirdischen entführt oder - nicht sehr neu, aber immer wieder gerne genommen - decken Verbrechen auf - oder begehen sie.
    Na ja, meine “richtigen” Veröffentlichungen, keine Ahnung, ob man die noch bekommen kann. “Earth Rocks” hatte damals einen guten Ruf, aber ist zwischenzeitlich - glaube ich - eingestellt und gibt es auch antiquarisch nicht, habe ich jedenfalls nicht gefunden. Und die “Stadtgeschichten aus Bad Segeberg” gibt es auch nur noch hin und wieder mal gebraucht bei Booklooker, Amazon oder Ebay (es war übrigens die 875-Jahr-Feier, Entschuldigung an alle Bad Segeberger).
    Lieblingsbuch? Habe ich nicht. Lieblingsautoren vielleicht, aber das sind so viele unterschiedliche, Raymond Chandler ist einer, auf den ich immer wieder zurück komme. Dashiell Hammet, Siegfried Lenz, Hemingway, Astrid Lindgren, Arthur C. Clarke, Isaac Asimov, Andreas Schlüter - siehst du da eine klare Linie?
    Meine bevorzugten Genres sind SF und vor allem die alten Hardboiled- oder Noir-Thriller, wenn es um das Schreiben geht. Ich mag keine Welt erfinden, ich nehme die, die es um mich herum gibt oder gab. Dafür kämpfe ich mit meinen Charakteren, die oft nicht so wollen, wie ich. Übrigens: “hart” und “hard boiled” heißt nicht besonders grausam. Beim Lesen kann ich eher ausschließen: Fantasy und diese historischen Sachen sind nicht meins, Rosamunde Pilcher usw. auch nicht.
    Jo, das soll’s erst mal sein.

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    williwu

    Das Problem ist wahrscheinlich, dass wir das nie so ganz erfahren werden. Sicher ist, dass es irgendwelche Trigger geben muss, die aus Menschen gefühllose Monster werden lassen. Denn wenn wir von früher reden, welches “früher” meinen wir dann? Die Zeit des Nationalsozialismus mit allen Erscheinungsformen, die Schlacht der US-Armee gegen die Cheyenne, deren ekelerregende Auswüchse in “Bury my Heart at Wounded Knee” von Dee Brown beschrieben sind, die Folterungen bei den Hexenprozesse, die öffentlichen Menschenopfer der Azteken?
    Ich weiß nicht, ob das (nur) eine Frage von Abstumpfung oder Gewöhnung ist. Vielmehr denke ich, dass so ein Trigger vor allem das Gefühl ist, im Recht zu sein, die Erlaubnis zu solchen Taten zu haben (auch das Gaffen sehe ich als Tat, unjuristisch gesprochen). Einfacher ausgedrückt: Es fehlt ein Kompass, der jedem oder wenigstens den meisten sagt, was man tun darf und was nicht, was man einfach nicht tut.
    Irgendwie scheinen wir irgendwann die in Deutschland nach dem zweiten Weltkrieg üblichen gesellschaftlichen Grenzziehungen verloren zu haben (und nicht nur wir hier), die es vielleicht nur deswegen gab, weil sie das Miteinander geregelt haben. Heute darf alles hinterfragt werden, genauer, heute darf sich jeder jede Frage selbst beantworten. Und welche Antwort das im Einzelfall ist, das hängt von Erziehung oder Nichterziehung, von Prägung vielleicht und möglicherweise von der genetischen Disposition ab.
    Aber wie schon gesagt, dass sind nur so meine Gedanken, wahrscheinlich können Psycho- und Soziologen da eine kompetentere Antwort geben.
    Ich bin überzeugt, dass es eine Wechselwirkung zwischen Verhalten und Rezeption einer Situation gibt. Am Ende ist es egal, ob ich mich richtig verhalte, weil “man das halt so macht” und damit wenigstens empathisch erscheine, oder ob mein Verhalten tatsächlicher Empathie entspringt. Von beiden Kategorien hat es wahrscheinlich immer einen Bodensatz gegeben. Wenn das Verhalten aber freigegeben ist, dann mag es sein, dass die Empathen nicht genug an der Zahl sind.

    Verfasst in Plauderecke weiterlesen

Es scheint als hättest du die Verbindung zu Schreibnacht verloren, bitte warte während wir versuchen sie wieder aufzubauen.