• lucifersbeloved

    Wie meine Vorposter bereits sagten, ist es völlig normal, dass die Charaktere immer ein Stück weit etwas von einem selbst haben. Schließlich muss man ihr Handeln ja nachvollziehen können und es fällt schwer oder ist sogar unmöglich, eine Emotion, die man selbst nie gefühlt hat oder für die man überhaupt kein Verständnis hat, realistisch und nachvollziehbar zu beschreiben.
    Ich selbst habe mich früher häufig in Geschichten eingesetzt. Wenn ich jetzt darüber nachdenke, fällt mir kein Hauptcharakter aus meiner Jugend ein, der nicht irgendwie ich war. Das liegt aber vor allem daran, dass ich, bis ich ca. fünfzehn war, mein Leben überhaupt nicht mochte. Das Schreiben habe ich als Ausflucht daraus genutzt — ich hatte eine kleine Parallelwelt, in der ich mein Leben so gestalten konnte, wie ich es gern gehabt hätte. Die Hauptfigur war immer ein idealisiertes Ich, nur mutiger, beliebter, cooler, hübscher, was auch immer ich gerade an mir verändern wollte. Ich ließ mich Dinge erleben, die mir im realen Leben z.B. durch Mobbing verwehrt blieben (viele Freunde haben, auf Partys eingeladen werden, etc.) Natürlich waren die Geschichten damals nicht gut. Aber sie haben mir und meinem Schreibstil sehr geholfen.
    Heute gehe ich die Sache so an, dass ich mir vorab sehr genaue Steckbriefe meiner Hauptcharaktere erstelle. Ich überlege mir auch bei jedem Protagonisten, was ihn/sie z.B. von den Protagonisten meines vorherigen Projekts unterscheidet. Warum er oder sie genau diese Geschichte erlebt und nicht eine meiner anderen Geschichten. Ich erinnere mich selbst daran, dass der Charakter Fehler haben muss und kein Idealbild sein sollte. Dass er oder sie auf eine Art auf Dinge reagieren darf (und oft sogar sollte), wie ich es nicht tun würde. Ich muss das Handeln meiner Charaktere immer noch nachvollziehen können, aber dennoch handeln sie anders als ich. Was mir dafür enorm geholfen hat, war, mir z.B. Menschen aus meinem Umfeld näher anzusehen, zu beobachten, wie sie mit bestimmten Situationen umgehen, und mir zu überlegen, warum sie das tun. Gleiches beispielsweise mit Film- und Seriencharakteren. Auf die Art habe ich ziemlich viel über verschiedene Persönlichkeitstypen herausgefunden und wie sie mit welchen Situationen umgehen. Die Seite
    „16 Personalities“ hat mir übrigens auch sehr gut geholfen. Als Autorin besteht meine restliche Arbeit dann darin, die verschiedenen Persönlichkeitstypen mit individuellen Details auszustatten — sonst schreibe ich ja doch immer nur dieselben Charaktere.
    Was mir persönlich noch stark aufgefallen ist, ist, dass mir die Distanz zwischen mir selbst und meinen Protagonisten in der dritten Person wesentlich leichter fällt als in der Ich-Form. Allerdings schreibe ich in letzterer deutlich lieber. Daher achte ich sehr darauf, dass jeder Charakter dennoch seinen eigenen Ton bekommt, und versuche mich so gut wie nur möglich in meine Protagonisten hineinzuversetzen, teilweise sogar ein bisschen wie sie zu leben, um sie besser zu verstehen, damit ich eben tatsächlich aus ihrer Sicht schreiben kann und nicht aus meiner. Das „Ich“ soll ja schließlich mein Prota sein und nicht wirklich ich.
    Ich nutze meine Geschichten auch immer noch häufig, um bestimmte Ereignisse aus meinem Leben zu verarbeiten. Dennoch achte ich darauf, dass die Charaktere nicht genau so handeln wie ich. In meinem aktuellen Projekt sind die Protagonisten z.B. auch mit einem schweren Schicksalsschlag konfrontiert und jeder von ihnen handelt anders — keiner davon genau so, wie ich es tun würde, aber trotzdem kann ich jedes Handeln nachvollziehen.

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  • lucifersbeloved

    Bei mir gibt es, bezogen aufs Schreiben, drei Arten von Notizbüchern.
    Einmal die, in denen ich nur Impressionen, erste Ideen, Träume, Inspirationen etc. sammele, aus denen ich irgendwann mal eine Geschichte machen könnte. Die müssen nicht zwangsläufig ordentlich sein, es ist aber natürlich schöner, wenn sie es sind. (Dazu sei gesagt: Als »Ordnung« zähle ich nur, dass das Notizbuch eine gewisse Struktur hat. Ordentlich schreiben und Überschriften setzen tue ich immer. Habe da so einen kleinen Zwang und jeder Buchstabe, der mir nicht sauber genug geschrieben ist, wird korrigiert.) Auch erste Charakternotizen können dort landen. Sobald ich aber aktiv an einer Geschichte plotte und arbeite, bekommt sie ein eigenes Notizbuch.
    Wenn eine Geschichte ein außergewöhnlich hohes Maß an Recherche erfordert, nutze ich dafür die zweite Art von Notizbuch. In diesem wird dann erst mal alles aufgeschrieben, was ich zu diesem Thema finde, und zusätzlich erste Ideen, wie man bestimmte Elemente in die Geschichte einbringen könnte. Saubere Schrift und Überschriften sind zwar auch dabei ein Muss, aber es gibt noch keine bestimmte Ordnung und es darf auch ggf. geklebt, gezeichnet oder gestrichen werden.
    Die dritte Art von Notizbuch ist die, die für die endgültigen Notizen und das Plotting verwendet wird. Zu diesem Zeitpunkt bin ich mir dann schon ziemlich sicher, wo die Geschichte hinführen soll, und habe einen groben Plot vor Augen. Das hat dann eine ganz strikte Ordnung, farbige Markierungen, Seitenzahlen und es wird absolut sauber geschrieben. Gestrichen wird nur im Notfall, wenn ich es nach Tintenkiller und Tip-Ex ein drittes Mal vermasselt habe. Gezeichnet nur, wenn es eine wichtige, absolut saubere Zeichnung ist, in den meisten Fällen aber gar nicht. Es gibt ein Inhaltsverzeichnis und die Themen sind geordnet. Zuerst kommen allgemeine Informationen (Titel, Genre, erster kurzer Handlungsabriss etc., eine Art verlängertes Exposé), dann Recherche, dann die Charaktere, dann das Worldbuilding, danach der Plot, eine grobe Kapitelübersicht, dann für jedes einzelne Kapitel eine Seite für Notizen (Szenen, die in dem Kapitel vorkommen sollen, Schauplätze, angepeilte Länge etc., wenn es geschrieben ist, trage ich auch das Datum der Fertigstellung und die genaue Wortanzahl ein). Danach wird Platz für Plotnotizen (auch wenn das Grundgerüst steht, kann sich ja immer noch etwas ändern; vielleicht muss ich irgendwann etwas noch mal genauer unter die Lupe nehmen oder merke, dass etwas nicht so funktioniert wie geplant), zusätzliche Recherche, die ich vielleicht zu Anfang noch nicht bedacht hatte (aktuelles Beispiel - “Welche Monatstickets gibt es im Hamburger Umland?”) und für die allererste, grobe Korrektur gelassen. Und die verbleibenden freien Seiten werden mit Inspirationen und sonstigen Gedanken gefüllt, die nicht in die anderen Rubriken passen.
    Man merkt vielleicht - ich bin Viel-Plotterin und Notizbuchliebhaberin.

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  • lucifersbeloved

    Ich kenne das Problem sehr gut. Es ist immer eine heikle Angelegenheit, besonders, wenn man den Menschen persönlich sehr mag und nicht verletzen möchte. Auch ist es wichtig und zugleich schwierig, der Person ehrlich klarzumachen, wo ihre Schwächen liegen, ohne sie direkt so sehr unter Kritik zu begraben, dass sie die Motivation und Lust am Schreiben verliert.
    Ich persönlich finde es dann vor allem wichtig, allzu negative Phrasen zu vermeiden, sondern auf eine positive Wortwahl zurückzugreifen. Der Person nicht zu sagen »Das ist schlecht/nicht gut, weil…«, sondern »So könntest du es (noch) besser machen«, was direkt positivere Emotionen auslöst. Außerdem lege ich in solchen Fällen Wert darauf, möglichst genau zu beschreiben, was mich stört und wie man dieses Problem lösen könnte. Beispielsweise weise ich daraufhin, wie man Charaktere interessanter oder »multidimensionaler« gestalten könnte, wie man Szenen oder Gespräche realistischer umsetzen könnte, etc. Auch mache ich darauf aufmerksam, wenn bestimmte Dinge oder Szenen nicht förderlich für den Plot sind. Wird z.B. zu wenig beschrieben, stelle ich konkrete Rückfragen (Wie sieht etwas aus? Wie fühlt sich etwas an? etc.) bzw. gebe der/dem Autor/in den Tipp, sich diese Fragen selbst zu stellen und ins Schreiben einfließen zu lassen. Das alles formuliere ich aber stets freundlich und sage abschließend noch, dass jeder mal klein angefangen hat und man sich die Lust am Schreiben davon nicht nehmen lassen soll, schließlich macht Übung den Meister. :-)

    Verfasst in Schreibhandwerk weiterlesen
  • lucifersbeloved

    Da baut sich in meinem Kopf langsam ein kleiner Plot für eine Geschichte der Kategorie Noir Contemporary zusammen… :) Ich denke, es wäre zumindest einen Versuch wert.

    Verfasst in Wettbewerbsarchiv weiterlesen

Es scheint als hättest du die Verbindung zu Schreibnacht verloren, bitte warte während wir versuchen sie wieder aufzubauen.